Endstation Adoption

Endstation Adoption

Kurz vorm 18. Geburtstag unseres Kindes ließ uns unser Kind nach Ende des Umgangstermins durch den Sachbearbeiter des
Jugendamts einen Brief übergeben, in dem es mitteilt, es wolle den Namen der Pflegefamilie annehmen und sich daher adoptieren lassen. Man könnte ja, wenn es Schule und Beruf überhaupt zuließe, im Mailkontakt bleiben.

Der Sachbearbeiter des Jugendamtes erklärte, dass unsere Tochter Hilfe für junge Volljährige des Jugendamtes in Anspruch nehmen werde und was die Adoption anginge: wenn wir diese nicht befürworten würden, würden wir unser Kind ganz verlieren.

Zu diesem Zeitpunkt mussten wir davon ausgehen, dass unser Kind von Jugendamt und Pflegeeltern nichtinformiert wurde, was uns dreien angetan wurde. Es hieß, unsere Tochter habe unsere Homepage gelesen. Wir wissen nicht ob und wie gründlich unser Kind unsere Homepage tatsächlich gelesen hat. Würde unser Kind den Inhalt der Homepage kennen, hätte es Redebedarf. Dass unser Kind bis jetzt nicht mit uns darüber gesprochen hat lässt uns vermuten, dass es die Homepage nicht oder nur oberflächlich gelesen hat oder möglicherweise von Jugendamt und Pflegeeltern dazu bewegt worden sein könnte, möglichst gar nicht mit uns darüber zu sprechen.

In unserer Verzweiflung erklärten wir in einem langen Brief die Situation mit Verweis auf diese Homepage. Auch teilten wir unserem Kind mit, dass wir allergrößte Bedenken hinsichtlich einer Adoption haben und erklärten auch, warum wir Bedenken haben. Zudem baten wir um ein Gespräch, weil wir gemeinsam mit unserem Kind eine Lösung finden wollten, die es ihm ermöglicht, zu beiden Familien einen guten Kontakt zu pflegen.

Leider teilte unser Kind mit, dass es mit uns nicht reden wollte. Einige Monate später baten wir nochmals um ein Gespräch mit dem Ergebnis, dass gar nicht reagiert wurde.

Unser Kind und die ehemaligen Pflegeeltern reichten mit Erreichen der Volljährigkeit sofort einen Antrag auf Volladoption ein, sodass wir vom Familiengericht um Stellungnahme gebeten wurden, da bei der Volladoption eine Abwägung der Rechtsinteressen erfolgen muss (im Gegensatz zur schwachen Adoption, bei der die leiblichen Eltern ihre Rechte und Pflichten gegenüber ihrem erwachsenen Kind behalten und die Annehmenden lediglich als rechtliche Eltern hinzukommen).

In unserer Stellungnahme teilten wir mit, dass eine Adoption unser Recht auf Schutz der Familie nach GG Artikel 6 verletzt,

Es wurde von Anfang an von Jugendamt und Pflegeeltern bewusst aktiv an der Entfremdung unseres Kindes gearbeitet. Nie bestand auch nur das geringste Interesse, unserem Kind seine Familie zu lassen. Dass es Umgänge gab, lag nicht am Wunsch der Fallbeteiligten Fachleute oder der Pflegeeltern, die Familienbindung des Kindes zu erhalten, sondern daran, dass dieser gerichtlich verfügt wurde. Dass diese Umgänge nie zur Bindungspflege zwischen Eltern und Kind gedacht war, war klar daran zu merken, dass die Umgänge immer in unwirtlicher Umgebung und immer in Begleitung der Pflegemutter stattzufinden hatten. Allein die Anwesenheit der Pflegemutter während der Umgänge musste zwingend zu Loyalitätskonflikten führen. Das unpersönliche Spielzimmer im Jugendamt tat sein Übriges, um dafür zu sorgen, dass nie ein Gefühl von Vertrautheit und Wärme entstehen konnte.

Zudem war uns Eltern immer klar: passt dem Jugendamt oder den Pflegeeltern nicht, was wir in den Umgängen sagen, hätten sie die Umgänge einfach eingestellt und als Grund angegeben, die Eltern hätten sich nicht „wohl verhalten“. Demzufolge konnten wir unser Kind erst zu dem Zeitpunkt über die Hintergründe informieren, als wir erfuhren, dass es sich adoptieren lassen wolle. Wäre das nicht passiert, hätten wir darauf hoffen können, dass unser Kind mit seiner Familie in Kontakt bleibt oder kommt und eines Tages hätte man darüber sprechen können, was uns allen angetan wurde.

Ein natürliches Eltern-Kind-Verhältnis, wie es die Annehmenden behaupteten, sehen wir nicht als gegeben an. Wenn man ein wenige Wochen altes Stillkind vier Wochen lang von seinen Eltern trennt, muss es sich, um zu überleben, denen zuwenden, die es dann versorgen. Es entsteht dann ein Abhängigkeitsverhältnis. Alles weitere Handeln der Fallzuständigen im Jugendamt in Zusammenarbeit mit den Pflegeeltern folgte dem eindeutigen Ziel der möglichst endgültigen unumkehrbaren Entfremdung.

In der mündlichen Anhörung machten wir nochmals deutlich, dass eine Adoption schlimmstenfalls die endgültige Zerstörung unserer Familie bedeuten kann, und sollte unser Kind nie wieder mit uns in Kontakt treten, heißt das für uns, nie zu wissen wie es ihm geht, aber immer in Sorge zu sein, ob es ihm gut geht.

Wir gaben auch zu bedenken, dass eine Adoption eine so große Entscheidung ist, dass wir befürchten, dass ein junger, gerade eben erst erwachsen gewordener Mensch sie noch gar nicht ausreichend informiert und reflektiert treffen kann.

Wie bereits schriftlich mehrfach betont sicherten wir unserem Kind zu, dass es sich auch im Falle einer Adoption jederzeit an uns wenden kann und unsere Tür ihm immer offensteht und dass wir es lieben und als Eltern für unser Kind da sind, auch wenn es adoptiert wird.

Das Gericht gab dem Adoptionsantrag trotz unserer berechtigten Einwände statt. Unsere Einwände sah das Gericht als bloße Empfindungen an, die zwar bedauerlich aber nicht weiter zu berücksichtigen wären. Das Gericht ging sogar so weit zu philosophieren, ob unser Kind oder wann unser Kind jemals wieder Kontakt zu uns aufnehmen würde. Diese vom Gericht geäußerten Überlegungen machen auf uns den Eindruck, als wolle das Gericht unserer Tochter den Rat mitgeben, auch zukünftig den Kontakt zu uns komplett zu vermeiden, was unsere Befürchtung nochmals belegt, dass es offenkundig darum geht, unsere Bindung zu unserer Tochter möglichst für immer unwiederbringlich zu zerstören. Diese Vermutung liegt nahe, weil das Gericht ja gar nicht darüber zu befinden hatte, ob es Kontakt zwischen unserem Kind und seiner Familie hat oder haben wird, sondern nur, ob es einer Adoption stattgibt. Wenn es darüber schon sinniert, hätte das Gericht ja auch positive Impulse setzen können, wie ein Kontakt trotz Adoption möglich wäre, aber das Gericht überlegte nur, warum unser Kind wohl ehr keinen Kontakt zu uns aufnehmen würde und in den Sternen steh, ob es irgendwann zukünftig möglich wäre, miteinander in Kontakt zu kommen. Es geht sogar so weit zu behaupten, wir würden unser Kind zwingen wollen, Kontakt mit uns haben zu müssen. Dass Eltern, die ihr Kind lieben, selbstverständlich das Kind darum bitten, in Kontakt zu bleiben und sie sich Sorgen um ihr Kind machen, wird vom Gericht vollkommen ausgeblendet.

Das Gericht teilte uns nicht weniger mit als die Tatsache, dass eine Familie hinzunehmen hat, dass für sie Artikel 6 GG nicht auf sie angewendet wird, sobald Jugendamt und Pflegeeltern entscheiden, dass die Eltern aus dem Leben des Kindes zu verschwinden haben. Ist diese Entscheidung erst gefallen, entfallen für die Eltern und ihr Kind alle Rechte, die sonst für Kinder und ihre Familien gelten und da die Gerichte auf das Jugendamt hören, wird es für Eltern unmöglich, Gerechtigkeit für ihr Kind und für die gesamte leibliche Familie zu erwirken. Derart entsorgte Eltern haben folgendes hinzunehmen:
– Wunsch- und Wahlrecht entfällt (zuerst durfte unser Kind nicht zu den Großeltern, später
   wurden die Bereitschaftspfleger gegen unseren Willen Dauerpflegepersonen und dass sie
   später auch Vormund unseres Kindes wurden, wurde uns nicht einmal mitgeteilt, das erfuhren
   wir erst im Adoptionsverfahren.)
– Beteiligung bei der Hilfeplanung gibt es nicht, obwohl die vorgesehen ist.
– Beratung durchs Jugendamt gibt es nicht, obwohl es diese allen Eltern anbieten muss.
–  Entfremdung wurde durch gezielte Umgangsverhinderung und Erschwernis herbeigeführt,
   obwohl weder Jugendamt noch Pflegeeltern die Aufgabe haben, Kinder so zu entfremden, dass
   eine Rückführung unmöglich wird und später in eine Adoption gipfelt.
– Eine Teilhabe des Kindes am Leben seiner Familie und der Familie am Leben des Kindes gibt es
   nicht. Wenn es Umgang gibt, wird der so durchgeführt, dass er maximale Distanz zwischen Kind
   und Eltern schafft, sodass Bindungspflege unmöglich wird.  
– Rückführungsbemühungen gibt es nicht, obwohl regelmäßig eine Rückführungsoption geprüft
   werden muss.
– Die Würde des Menschen wird antastbar. Zum Beispiel wurden wir genötigt, dem Kind nicht
   mehr zu sagen, dass wir Papa und Mama sind, sondern wir wurden von der Pflegemutter zur
   „Bauchmama“ mit dazugehörigem Mann herabgewürdigt (die Bezeichnung „Bauchmama“
   wurde dem Kind von der Pflegemutter im Sprachlernalter beigebracht).
– Die Meinungsfreiheit wird in Frage gestellt, weil diese Homepage von einer Gutachterin und
   dem Jugendamt als problematisch bezeichnet wird.

Der Adoptionsbeschluss bedeutet für uns konkret, dass wir schlimmstenfalls bis an unser Lebensende nie wieder Teil des Lebens unseres Kindes sein können und vielleicht nie wissen, wie es ihm geht. Wir haben noch nie Weihnachten, Geburtstag oder sonstige Feste gemeinsam mit unserem Kind feiern können. Zukünftig werden wir wahrscheinlich weder an Abiturfeier, Hochzeit oder ähnlich wichtigen Momenten unseres Kindes teilnehmen können. Niemals hätten wir die Möglichkeit, unserem Kind mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Es ist uns wichtig zu betonen, dass keineswegs nur wir Eltern von diesem Unrecht betroffen sind. Es sind alle Verwandte betroffen: Opas, die Oma, die Tanten und Onkel, die Nichten und Neffen… Und unserem Kind wurde die gesamte Familie genommen und durch das Vorgehen aller Fallbeteiligten dafür gesorgt, dass die emotionalen Hürden für eine Kontaktaufnahme mit der leiblichen Familie sehr hoch sind. Um mit uns in Kontakt zu treten, müsste es offenkundig gegen den Willen seiner Adoptivfamilie nach einer langen Zeit des Schweigens gegenüber der leiblichen Familie einen Weg zurück zu uns finden.

Wir müssen damit rechnen, dass unserem Kind geraten wird, niemals wieder mit uns auch nur den geringsten Kontakt aufzunehmen. Es bleibt uns bei aller Sorge um unsere Tochter zu hoffen, dass sie eines Tages aller Entfremdungsbemühungen zum Trotz auf uns zukommt und dass sie auf ihrem Lebensweg gut auf sich aufpasst.

Wir wünschen ihr alles Glück der Welt und bleiben dabei: wir sind jederzeit da, unsere Tür steht offen!