2. Sorgerechtsverfahren

Im Oktober 2009 reichten wir einen neuen Antrag auf Rückübertragung des Sorgerechtes auf uns ein. Es galten neue Gesetze, nach denen z. B. das Gericht beschleunigt vorgehen muss und die Pflegeeltern als Verfahrensbeteiligte einbezogen wurden.

Das Familiengericht beschloss, dass ein Gutachten die Frage klären sollte, ob M. zu uns zurückkehren könne und es bestimmte eine Gutachterin, die nach Aktenstudium mit uns, den Pflegeeltern, dem Kindergarten, dem Jugendamt und der Amtsvormünderin sprach. Außerdem war sie bei einem Umgangstermin dabei, in dem sie die Interaktion zwischen M. und uns beobachtete.

Zunächst fiel uns auf, dass die Gutachterin keine Audiomitschnitte von den Explorationsgesprächen machte. Sie erlaubte uns aber, eigene Audioaufnahmen anzufertigen und meinte, sie selbst bräuchte keine zu machen. Stattdessen hatte sie ihr Notebook an und tippte während des Gesprächs in ihr Notebook, was wir sagten. Das trug natürlich nicht zu einem förderlichen Gesprächsklima bei zumal wie zu erwarten das Notebook für kleine Störungen sorgte, indem einmal der Strom zur Neige ging und ein anderes Mal schloss sich die Datei, in der sie schrieb.

Es war bereits in den Gesprächen zu spüren, welche Richtung die Gutachterin gehen wollte. Vor Allem im zweiten Gespräch drehten sich die meisten Fragen nur um die Pflegeeltern als Mittelpunkt im Leben unseres Kindes. Uns wurde durch Fragen und Auslassungen der Gutachterin unmissverständlich deutlich gemacht, dass es zwischen unserer Tochter und uns keine Bindung geben könne. Sie fragte z. B., wie sich  nach unserer Meinung fühlen würde, wenn die Pflegeeltern sie einfach so weggeben würden und wir erklärten, dass ein solcher Eindruck bei  nicht entstehen wird, weil die Pflegeeltern  nicht das Gefühl geben werden, sie einfach fort zu schicken sondern vielmehr vermitteln werden, dass  zu ihren Eltern zurückkehrt und man natürlich im Kontakt bleibt.

Das Ergebnis der Explorationen der Gutachterin war unglaublich. Nicht nur, dass sie Fehler beim Mitschreiben gemacht hat. Sie traf unzulässige und mit nichts belegbare Schlussfolgerungen. So meinte sie z. B., wir seien zu einem Perspektivwechsel nicht in der Lage (also nicht mitfühlend), weil wir ihrem Perspektivwechsel nicht gefolgt sind (siehe Frage nach s Gefühlen, die sie haben könnte, wenn sie die Pflegeeltern einfach so weggeben würden). Sämtliche Perspektivwechsel, die wir im Gespräch machten, ignorierte sie dabei.

Über M. behauptete die Gutachterin, dass sie sehr änderungsempfindsam und fast schon zwanghaft reagiere. Sie stützt sich dabei auf Schilderungen der Pflegemutter und auf das Verhalten s in den Explorationsterminen. So führt sie z. B. an, dass M. den Korb mit Spielen, den die Gutachterin ins Spielzimmer stellte, aus dem Zimmer trug oder dass sie einen Kartenstapel geraderückte oder Veränderungen, die die Gutachterin am Bett unserer Tochter vornahm, korrigierte.

In ihrer Empfehlung erklärt die Gutachterin, dass unser Kind erst zurückkehren könne, wenn sie ihre Situation verstehen könne. Unsere Homepage wird in diesem Zusammenhang übrigens als mögliche Kindeswohlgefährdung gewertet, da M.  auf diese Weise von „zwei Wahrheiten“ erführe und dies zu Dissonanzen im Kinde führen könne. Im Klartext: nur die Pflegeeltern und das Jugendamt sollen unser Kind informieren und da ist klar, dass unsere Homepage im Wege steht, weil M.  über diese Homepage erfährt, dass sie zu Unrecht aus ihrer Familie genommen wurde. Man könnte ihr dann nicht mehr das Märchen von den bösen Eltern erzählen ohne dass M. hinterfragt, was ihr Jugendamt und Pflegeeltern sagen.

Dass vom Jugendamt und wie es scheint auch von den Pflegeeltern stark kontrolliert wird, was M. denkt und weiß, zeigte der Umstand, dass M. in den Umgängen nach der Umgangsaussetzung systematisch dazu gedrängt wurde, uns beim Vornamen zu nennen, statt uns Mama und Papa zu nennen.

Mittlerweile hat man unserer Tochter mitgeteilt, Nina sei die „Bauchmama“ und M. wisse, dass Oliver der Papa sei. Allerdings hat M. uns in einem der Umgänge erzählt, dass sie weiß, dass Nina sie geboren hat. Da sie uns nicht auf Oliver als Papa ansprach, nehmen wir an, dass man es ihr möglicherweise noch gar nicht gesagt hat oder dass ihr logisch erscheint, dass der Mann an der Seite der Frau, die sie geboren hat, wohl der Papa sein muss.

Dem Kind zu vermitteln, wir seien die „Baucheltern“ und die Pflegeeltern seien die eigentlichen Eltern, kann nur dazu führen, dass ein Kind in solcher Situation mit einem Familienbild aufwächst, in dem Eltern als unwichtig und auswechselbar gelten. Die für ein Kind so elementar wichtige Elternliebe wird auf diese Weise zu einem unwichtigen Luxus erklärt und welchen Luxus ein Pflegekind haben darf und welchen nicht, entscheidet das Jugendamt.

Zwei erfahrene Sachverständige äußerten sich nach Lektüre des Gutachtens schriftlich vorm Familiengericht und erklärten, dass dieses Gutachten aufgrund seiner Fehlerhaftigkeit nicht zur Beschlussfindung herangezogen werden kann. Zudem wiesen wir auf die Fehler und Widersprüche im Gutachten hin. So wird M. z. B. im Gutachten als höchst vulnerabel und änderungsempfindsam beschrieben. Das kann nicht sein, denn die Pflegefamilie war mehrmals mit M. in Urlaub. Urlaubsreisen würden unvorstellbar sein, wenn ein Kind bereits mit kleinen Änderungen massive Probleme hätte.  aber M. hat keine Probleme mit räumlichen und zeitlichen Änderungen, weshalb sie an mehreren Urlaubsreisen der Pflegefamilie teilnahm.

Im Wissen um die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens und die Widersprüche im Gutachten beschloss das Familiengericht, unseren Antrag auf die Rückübertragung des Sorgerechtes zurückzuweisen.

Oberlandesgericht

Wir wandten uns daraufhin ans Oberlandesgericht, das einen zeitnahen Anhörungstermin anberaumte.

Inzwischen äußerte sich ein dritter Sachverständiger zum Gutachten und kam zu demselben Schluss wie vorher die beiden anderen Sachverständigen. Wir beantragten, diese Sachverständigen zu laden, was aber abgelehnt wurde. Weiter beantragten wir (diesmal schriftlich) die Anwesenheit unseres Beistandes, was das Oberlandesgericht ebenfalls ablehnte.

Zum Termin waren neben den Verfahrensbeteiligten inkl. den Pflegeeltern die Gutachterin anwesend. Diese wiederholte vollkommen unbeirrt, was sie bereits geschrieben hat, obwohl sie direkt mit den Fehlern und Widersprüchen konfrontiert wurde, die sich im Gutachten befinden.

Der Senat des Oberlandesgerichtes bestätigte den Beschluss des Familiengerichtes, obwohl er sich in der Verhandlung ein eigenes Bild darüber machen konnte, wie die Kindeseltern einen Widerspruch nach dem anderen zur Sprache brachten und Argumentationen der Gutachterin intensiv hinterfragten und aufzeigten, dass diese Argumentationen sich sachlich und fachlich nicht halten lassen.